Gehören Wetterextreme inzwischen zur Normalität?

Muss der Eisbrecher „Wal“ (heute Museumsschiff) bald wieder in Dienst gestellt werden?

Von Peter Fritschi(nh). Heiße Sommer mit Wassermangel, Herbst und Frühjahresstürme mit Überflutungen, Winter mit Schneechaos, ist es das, woran wir uns gewöhnen müssen? Bis vor Kurzem lagen die Winterklamotten wie Blei in den Regalen der Geschäfte. Insgeheim liebäugelte man schon mit einem warmen Frühlingstag. Im vergangenen Herbst konferierten 200 Staaten in Kattowitz und stellen in Ihrem Bericht unter anderem fest, dass die weltweite Durchschnittstemperatur 2018 rund ein Grad über dem Niveau der vorindustriellen Zeit lag. Die aktuell weltweit praktizierte Klimapolitik würde zu einer Erderwärmung um etwa drei Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts führen. Eine Studie des Berliner Forschungsinstituts Climate analytics stellte fest, dass Deutschland zur Erreichung des 1,5-Grad- Zieles die Kohleverstromung bis 2030 aufgeben müsse.

Schwere See. Foto: Peter Fritischi/nh


Die Temperaturen steigen weltweit spürbar. Die Eiskappen an den Polen werden von Jahr zu Jahr kleiner und das hat unmittelbare Auswirkungen auf unsere gemäßigtes durch den Golfstrombegünstigtes Klima in Europa. Die beständige Zunahme der Erderwärmung bescherte uns in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zunächst immer kürzere und vor allem mildere Winter. Der strengste Winter Deutschlands des vergangenen Jahrhunderts war der Winter 1928/29. Die Temperaturen sanken bis auf minus 30° Die Ostsee, ja sogar die Nordsee waren zugefroren. Die Norseeinseln konnten zu Fuß erreicht werden. In Deutschland waren alle Seen und Flüsse vereist. Der Neckar war bis auf den Grund durchfroren, da half selbst der beste Eisbrecher nichts mehr. 1963 kam der strenge Winter noch einmal zurück. Rhein und Bodensee waren zugefroren. Die Schweizer und die Deutschen begegneten sich mit dem Auto auf dem See. Die Eisbrecher die im vorigen Jahrhundert auf Flüssen und Kanälen unterwegs waren stellten aufgrund der zunehmend milderen Winter, nach und nach ihre Tätigkeit ein. Seit her ging es mit den Temperaturen beständig bergauf und mit dem Klima und seinen weltweiten Auswirkungen bergab. Kommen die strengen Winter und mit ihnen die Eisbrecher zurück?
Die Prognosen der Wissenschaftler sind aufgrund der Komplexität der klimatischen Bedingungszusammenhänge unterschiedlicher Auffassung. Einige sind der Auffassung, dass wir künftig heißere, trockenere und langanhaltende, verbunden Sommer, mit erhöhter Waldbrandgefahr, bekommen werden. Im Gegensatz dazu extreme Winter mit viel Eis und Schnee und großen Windgeschwindigkeiten. Sollten diese Experten recht behalten, kämen auch die Eisbrecher zurück.


Der Eisbrecher aus Travemünde, die „Wal“ den wir zu seinem 80. Geburtstag besuchten, mutierte mangels Nachfrage zum Museumsschiff
Strenge Winter gehören, so dachte man, der Vergangenheit an und so stellte man die meisten Eisbrecher, so auch die „Wal“ außer Dienst. Die Wal hatte Glück, ehrenamtliche Seeleute haben Sie vor dem abwracken gerettet und ihr als Museumsschiff wieder neues Leben eingehaucht. Der Eisbrecher feierte im vergangenen Jahr seinen 80sten Geburtstag. Gebaut wurde die Wal auf der Stettiner Werft (heute Polen) für den Kaiser-Wilhelm-Kanal heute (Nord-Ost-See-Kanal) der die Ostsee mit der Nordsee verbindet. Als der Eisbrecher am 05.Mai 1938 vom Stapel lief und in den Dienst des Wasserstraßen- Maschinenamt Rendsburg gestellt wurde, lief die Kriegsmaschinerie des Nationalsozialismus in vollem Gange, der Überfall auf Polen stand bevor und das Deutsche Reich stand kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges. Es dauerte deshalb auch nur wenige Monate bis die Wal unter dem Oberkommando der Kriegsmarine stand. Eine Marinebesatzung übernahm das Schiff. Die Rendsburger Stammbesatzung hatte nur noch beratende Funktion. Ein Jahr nach Ende des 2. Weltkriegs, am 20. Dezember 1946 erteilten die Engländer der „Wal“ eine Fahrterlaubnis, zur zivilen Nutzung, denn der strenge Winter 1946 machte den Eisbrecherdienst auf dem Kanal notwendig.So wurde die Wal wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung übergeben, 1990, nach 52 Jahren wurde sie ausgemustert und zu neuem Leben erweckt, als aktives Museumsschiff. Seither kümmert sich der Verein Schiffahrts-Compagnie Bremerhaven, um die alte Dame.


Wie Funktioniert eigentlich so ein Eisbrecher ?

Diese Frage stellten wir dem leitenden und ehrenamtlichen Schiffsführer und Nautiker Kapitän Ingo Daul, der uns auf der Brücke empfing. Er zeigte er uns an Hand einer Risszeichnung (Plan) des Schiffes den stark abgeschrägten Bug, der speziell dem Brechen des Eises dient. Ingo Daul “Das Schiff fährt dabei erst auf das Eis, zerdrückt es durch sein Gewicht. Die Schollen werden dann bei der Weiterfahrt durch die Schraube weiter zerkleinert“. Wie Daul meint, „geschreddert“.

Kapitän Ingo Daul. Foto: Peter Fritschi/nh


Wie geht es in Zukunft weiter mit der Wal, Kapitän Daul ?
Kapitän Daul: “das ist immer wieder eine spannende Frage“ „Eigentlich waren nur die ersten Jahre nach dem Kauf der Wal in Rendsburg relativ leicht. Gestiegene Energiekosten, erhöhte Sicherheitsauflagen, das zunehmende Alter der Stammbesatzung, und die abnehmende Spendenbereitschaft, machen sich immer stärker bemerkbar. Die Zahl der im Verein Schifffahrts-Compagnie Bremerhaven.e.V. beträgt z.Z. 200 Mitglieder aus ganz Deutschland. Die Einnahmen reichen kaum aus um den Verein zu bewirtschaften, geschweige denn für den Erhalt, die Pflege und den Betrieb der alten Dame, Dazu sind jährlich 200 000 € notwendig.

Macht der Wal ordentlich Dampf: Maschinist Jipp. Foto Peter Fritschi/nh

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